Es ist ein Gerücht, es klingt absolut absurd – doch es wäre bestechend plausibel: Angeblich gibt es Gedankenspiele, bis zu 250.000 Flüchtlinge von Deutschland nach Mallorca zu schicken – zum Überwintern. Logistisch wäre es gar kein Problem, finanziell für Deutschland und die Balearen sogar attraktiv, so das Ergebnis meiner Analyse.
Tatsache ist: Während in Deutschland die Kommunen nicht mehr wissen, wie sie die Flüchtlinge menschenwürdig über den Winter bekommen sollen und bereits Nepp-Mieten für Bruchbuden zahlen, stehen auf Mallorca und den anderen Balearen-Inseln (Ibiza, Menorca, Formentera) ab Ende Oktober Hunderte Hotels leer. Allein Mallorca hat über 180.000 Hotelbetten, siehe Tabelle. Mit den nicht im Hotelverband organisierten Hotels sind es etwa 280.000 Betten. Die meisten werden über fünf bis sechs Monate nicht genutzt, denn die Hotels öffnen erst wieder im April.
Der Grund: Seit Jahrzehnten versuchen die Balearen-Inseln erfolglos, die Nebensaison zu beleben. Nur 25 Prozent aller Flüge eines ganzen Jahres werden zwischen Oktober und Mai abgewickelt, berichtete der SPIEGEL schon 2013. Seitdem ist es im Winter auf Mallorca nach meinem eigenen Erleben noch leerer geworden.
2,5 Millionen Urlauber in einem Monat bewältigt, 250.000 Flüchtlinge wären ein Klacks
Würden die Mallorquiner 250.000 Flüchtlinge schaffen? Ja, denn mit großen Besucher-Zahlen in kurzer Zeit haben Mallorca und die anderen Balearen-Inseln Erfahrung: Allein im Juli 2015 kamen 2,5 Millionen Urlauber auf die Inseln, vermeldete kürzlich das spanische Tourismusministerium. Rein theoretisch könnten auf Grund der perfekten Tourismus-Infrastruktur 250.000 Flüchtlinge in wenigen Tagen einquartiert werden. Bis zum nächsten Frühjahr könnte Deutschland dann seine Kapazitäten ausbauen, zudem wäre ein großer Teil der neuen Asylanträge bis dahin entschieden; allein durch die absehbaren Ablehnungen von Flüchtlingen aus Westbalkan-Ländern (künftig “sichere Dritt-Staaten”) wäre der Unterbringungsbedarf nicht mehr so groß. Das Überwintern von Flüchtlingen zwei Flugstunden entfernt würde Deutschland somit erheblich Luft verschaffen.
Mallorca-Hoteliers haben Unterbringung angeboten
Die Hoteliers auf Mallorca haben die Bereitschaft, Flüchtlinge unterzubringen, bereits erklärt. Die Mallorca Zeitung schrieb vor drei Wochen:
Solidarisch mit den Menschen, die vor dem Bürgerkrieg und IS-Terror in ihrer Heimat fliehen, erklärten sich inzwischen auch Mallorcas Hoteliers. Am Rande eines Treffens der Vereinigung der Hotelketten mit Tourismusminister Biel Barceló (Més) versprachen die Unternehmen “konkrete Maßnahmen zur Solidarität und Unterbringung” der Flüchtlinge in den Hotels, falls die Balearen-Regierung konkrete Hilfsmaßnahmen beschließt.
Bis dahin war aber die Rede von lediglich 300 Flüchtlingen. Und nun das Tausendfache? Denkbar wäre das auf Grund der finanziellen Not der Balearen-Inseln. Seit Juni regiert dort ein Bündnis von Links-Parteien, das verzweifelt versucht, Wahlversprechen einzulösen, etwa eine Art Grundeinkommen für Bedürftige. Allein, es fehlt das Geld, in diesem Jahr nach jüngsten Zahlen 225 Millionen Euro. Deswegen soll im nächsten Jahr eine Touristensteuer eingeführt werden.
Deutschland könnte Balearen 1 Milliarde Euro fürs Überwintern zahlen
Mit 250.000 Flüchtlingen aus Deutschland…
- gäbe es auf Mallorca in diesem Winter Tausende Arbeitslose weniger
- würden die Hotels zusätzlich Einnahmen erzielen, die Steuern bringen
- könnten direkte Zahlungen aus Deutschland das Haushaltsloch sofort stopfen
Der Bund ist bekanntlich bereit, den Kommunen in Deutschland eine Pauschale von 670 Euro pro Flüchtling und Monat zu geben. Bei 250.000 Flüchtlingen sind das rechnerisch 167, 5 Millionen Euro im Monat, für sechs Monate rund eine Milliarde Euro, die der Bund auch fürs Überwintern auf Mallorca und den anderen Inseln zahlen könnte. Die Balearen-Regierung könnte selbst mit der Hälfte davon den Haushalt sanieren, die Hotels hätten eine unerwartete, üppige Zusatzeinnahme.
Vor allem aber: Vielen Flüchtlingen bliebe es erspart, in winzigen Zimmern, Turnhallen oder gar in Zelten den Winter in Deutschland verbringen zu müssen.
Luftbrücke mit Air Berlin machbar
Für Air Berlin, Mallorca-Flieger Nummer Eins mit über sechs Millionen Mallorca-Passagieren jedes Jahr, wäre es eine machbare Aufgabe, noch in diesem Herbst 250.000 Flüchtlinge nach Mallorca und die anderen Balearen-Inseln zu bringen. Dafür wären etwa 1.000 Flüge notwendig. Die Kosten dafür fallen kaum noch ins Gewicht, denn selbst ein reguläres Flugticket kostet hin und zurück in der Nebensaison kaum mehr als 120 Euro – weniger als ein Bahnticket von Düsseldorf nach Hannover.
Bei einem Großauftrag des Staates wären vermutlich noch deutlich günstigere Preise möglich. Für Air Berlin, seit Jahren in roten Zahlen, wäre das Groß-Projekt ebenfalls willkommen, um wirtschaftlich auf die Füße zu kommen. Ein mögliches Problem: Die EU könnte das als unzulässige Subvention sehen, allerdings gehe ich davon aus, dass angesichts des Flüchtlingsdramas alles etwas großzügiger gesehen wird.
“Die Mallorquiner sind sehr hilfsbereite Menschen”
Dürfte Deutschland Flüchtlinge überhaupt vorübergehend in einem anderen EU-Land einquartieren und Asylanträge dort bearbeiten? Nach allem, was ich übers Asylrecht gelesen habe, ist das juristisch unproblematisch, sofern das Gast-Land, in diesem Fall Spanien, mitmacht und die Asylsuchenden nach Deutschland zurückkönnen.
Bleibt die Frage, was an dem Gerücht dran ist, das derzeit unter anderem bei Hotelmitarbeitern auf Mallorca die Runde macht. Bundesregierung als auch Balearen-Regierung haben sich bislang nicht dazu geäußert. Verhandlungen dazu wären allerdings auch ohne Zweifel in einem sehr frühen Stadium. Dr. Ciro Krauthausen, Chefredakteur der Mallorca Zeitung: “Offiziell ist mir dazu auch nichts bekannt, machbar wäre das aber sicher. Die Mallorquiner sind sehr hilfsbereite Menschen.”
…auch leerstehende Gebaeude, Krankenhaus Son Dureta, Gesa?..boeten sich an.
Alles unter dem Aspekt der voruebergehenden Unterbringung im Winter und nicht dem australischen Modell der Auslagerung auf Pazifikinseln folgend sondern nur um in Deutschland mehr Vorbereitungsmoeglichkeit fuer die Rueckkehr der Fluechtlinge im Fruehjahr zu verschaffen.
Ich sage nur, nach einem Einsatz in einem Flüchtlingsheim,
Geld ist nicht alles!!!
Hat Herr Kunze wohl Dollarzeichen in den Augen und hat sicherlich noch kein Flüchtlingsheim betreten.
je länger ich darüber nachdenke: Es würde Sinn machen. Hier in Deutschland werden die Flüchtlinge auch schon in Hotels einquartiert. Warum nicht da, wo Hotels leerstehen.
250.000 Flüchtlinge auf Mallorca, das wäre etwa so wie 20 Millionen in Deutschland, wenn man die Größenverhältnisse vergleicht. Real möglich wäre so etwas aber vielleicht auf griechischen Inseln im Ausgleich für einen möglichen Schuldenerlass durch Deutschland. Allerdings nicht mit dem Ziel, die Leute dort dauerhaft aufzunehmen. Sondern über den Winter prüfen, wer als Flüchtling anerkannt werden kann, und anschliessend alle anderen abschieben oder – wenn das nicht möglich ist – in einsamen Gegenden in Sammelunterkünften und Zelten unterbringen…
Hört sich sehr gut an, obwohl jede Lösung, egal welche, genug Geld für uns kostet. [Zensiert, AK]