Wer gegen Entscheidungen oder Verträge vorgehen will, kann im deutschen Recht zwischen Widerruf , Widerspruch und Einspruch wählen. Nur wer sie richtig einsetzt, erreicht sein Ziel.
Der Widerruf im Vertragsrecht
Das BGB regelt den Widerruf im Vertragsrecht in den §§ 355-360. Er ermöglicht Verbrauchern oft (aber nicht immer!), sich innerhalb von 14 Tagen ohne Angabe von Gründen von einem Vertrag zu lösen. Dies gilt besonders bei Fernabsatzverträgen wie Online-Käufen oder außerhalb von Geschäftsräumen geschlossenen Verträgen.
Besonders wichtig ist der Widerruf bei Versicherungsverträgen: Nach Urteilen des EuGH (Az: C 355/18 bis C 357/18 und C 479/18 Rz. 81) können viele bis 2007 abgeschlossene Lebens- und Rentenversicherungen auch heute noch widerrufen werden, wenn die Widerrufsbelehrung fehlerhaft war. Dies ermöglicht die vollständige Rückabwicklung inklusive gezahlter Prämien und Zinsen.
Mitunter ist bei Versicherungen auch von Widerspruch oder Rücktritt die Rede. Beim Widerspruch handelt es sich meist um Verträge, die zwischen 1994 bis Ende 2007 abgeschlossen wurden. Die Pflichtinfos wurden nicht bei Antragstellung, sondern erst mit Zusendung des Versicherungsscheins (Police) vorgelegt. Das berechtigte zum Widerspruch. Rücktritt betrifft meist noch ältere Verträge.
Der Widerspruch im Verwaltungsrecht
Der Widerspruch ist das typische Rechtsmittel im Verwaltungsrecht und findet sich in verschiedenen Gesetzen wie dem SGB X (§§ 39-46) und dem Verwaltungsverfahrensgesetz. Er kommt zum Einsatz bei behördlichen Entscheidungen wie etwa Bescheiden von Krankenkassen, Rentenversicherungen oder anderen Behörden. Die Widerspruchsfrist beträgt in der Regel einen Monat nach Bekanntgabe des Verwaltungsakts. Der Widerspruch muss bei der Behörde eingehen, die den ursprünglichen Bescheid erlassen hat.
Anders als beim Widerruf im Vertragsrecht muss ein Widerspruch begründet werden. Außerdem zu beachten: Statt Widerspruch kann die direkte Klage notwendig sein. In NRW zum Beispiel wurde das Widerspruchsrecht fast völlig abgeschafft. Wer mit Entscheidungen von Behörden nicht einverstanden ist, muss Klage vor dem Verwaltungsgericht erheben.
Der Einspruch im Steuerrecht
Im Steuerrecht ist der Einspruch das typische Rechtsmittel. Nach § 347 AO kann gegen jeden Steuerbescheid Einspruch eingelegt werden. Die Frist beträgt einen Monat nach Bekanntgabe des Bescheids. Statistisch haben zwei von drei Einsprüchen gegen Steuerbescheide ganz oder teilweise Erfolg. Eine Begründung muss zunächst nicht mitgeliefert werden, kann aber nachgereicht werden. Wichtig: Anders als der Widerspruch hat der Einspruch keine aufschiebende Wirkung – Steuerschulden müssen trotz Einspruch zunächst bezahlt werden.
Im Strafrecht gibt es ebenfalls einen Einspruch, und zwar als Rechtsmittel gegen einen Strafbefehl (Entscheidung eines Amtsgericht, die einem Strafurteil gleich kommt, wenn nicht innerhalb von zwei Wochen nach Zustellung Einspruch eingelegt wird).
Praktische Anwendungsfälle
- Bei einem Autokauf im Internet steht dem Käufer das 14-tägige Widerrufsrecht zu.
- Bei einem Bescheid der Krankenkasse über die Ablehnung einer Leistung ist der Widerspruch das richtige Rechtsmittel.
- Gegen einen Steuerbescheid muss Einspruch eingelegt werden.
Wer das falsche Rechtsmittel wählt, verliert möglicherweise seine Rechte.
Fristen und Formvorschriften
Die Fristen sind unbedingt einzuhalten:
- 14 Tage beim Widerruf,
- ein Monat bei Widerspruch und Einspruch (Ausnahme: Strafbefehl).
Während der Widerruf formlos z.B. per Mail erfolgen kann, sollten Widerspruch und Einspruch schriftlich eingelegt werden. Der Zugang muss dabei nachweisbar sein, etwa durch Einschreiben mit Rückschein. Bei elektronischer Übermittlung empfiehlt sich eine Empfangsbestätigung anzufordern.
Zusammenfassung: Die korrekte Wahl des Rechtsmittels ist wichtig für den Erfolg. Der Widerruf dient der Lösung von Verträgen, der Widerspruch der Überprüfung von Verwaltungsakten und der Einspruch der Anfechtung von Steuerbescheiden. In Zweifelsfällen sollte rechtliche Beratung eingeholt werden, da versäumte Fristen oder falsch gewählte Rechtsmittel kaum noch korrigiert werden können.