Das Widerrufsrecht zu zwischen 2002 und 2010 geschlossenen Immobiliendarlehen mit fehlerhafter Belehrung soll 2016 erlöschen. Bislang galt dieses Recht von Kreditkunden unbefristet. Betroffen sind Darlehens-Verträge, in denen es insgesamt um Kredite in Höhe von rund 1,6 Billionen Euro geht, so die Stiftung Warentest.
Was ist genau geplant? Die Bundesregierung hat einen Gesetzentwurf (18/5922) zur Umsetzung der Wohnimmobilien-Kreditrichtlinie (EU-Richtlinie 2014/17/EU) vorgelegt, der die Vergabe von Immobilienkrediten umfassend neu regeln soll. Laut Begründung soll dadurch ein „hohes Verbraucherschutzniveau“ erreicht werden. “Genau das Gegenteil ist der Fall: Das verbraucherfreundliche „ewige Widerrufsrecht“ bei fehlerhafter Belehrung wird beseitigt”, schreiben Baum Reiter & Collegen und Gansel Rechtsanwälte.
Ewiges Widerrufsrecht erleichtert Umfinanzierung
Fast alle Banken und Sparkassen haben ihre Kunden in der Vergangenheit falsch oder unzureichend über deren Widerrufsrecht belehrt, sodass Darlehensverträge noch heute widerrufen werden können – selbst, wenn sie bereits beendet sind. Dadurch können Bankkunden umfinanzieren und zinsgünstige Kredite zu aktuellen Konditionen aufnehmen, ohne eine – häufig weit überhöhte – Vorfälligkeitsentschädigung zahlen zu müssen. Haben sie bereits gezahlt, können sie diese zurückfordern.
Stichtag 21. Juni 2016 für den “Widerrufsjoker”
Der Gesetzentwurf jedoch sieht ein automatisches Erlöschen des Widerrufsrechts bei Immobiliendarlehen nach einem Jahr und 14 Tagen vor – und zwar unabhängig davon, ob das Kreditinstitut zuvor seinen Belehrungs- bzw. Informationspflichten ordnungsgemäß nachgekommen ist. Sogar für Altverträge soll das Widerrufsrecht rückwirkend abgeschafft werden.
Werden die Pläne Realität, wäre die Widerrufbarkeit für Altverträge ab dem 21. Juni 2016 nicht mehr möglich. Der ursprüngliche Gesetzentwurf sah keine rückwirkende Einschränkung vor. Auch in der 1. Lesung im Bundestag war davon noch keine Rede. Immerhin bleibt Betroffenen eine Schonfrist. Sinnvoll ist es, die eigenen Immobiliendarlehensverträge in den kommenden Wochen prüfen zu lassen, um rechtzeitig juristische Schritte einleiten zu können. Die Chancen stehen gut, denn die große Mehrzahl der Verträge aus den Jahren 2002 bis 2010 ist widerrufbar, so die Rechtsanwälte. Katia Genkin, Rechtsanwältin aus Düsseldorf: “Das kann mehre Tausend Euro Vorteil bedeuteten, wie die Praxis zeigt.”