Wer Schulden hat und fällige Forderungen nicht begleicht, der bekommt meist zunächst einen Mahnbescheid, vielleicht Post vom Inkassodienst, irgendwann aber bestimmt Besuch vom Gerichtsvollzieher. Wie eine Zwangsvollstreckung abläuft, was Gläubiger wissen sollten, welche Rechtsmittel Schuldner bei einer Pfändung haben, lesen Sie hier.
Bei welchen Beträgen ist mit einer Pfändung zu rechnen?
Eine Untergrenze gibt es nicht. Im Prinzip kann ein einziger Cent gepfändet werden. Besonders schnell droht eine Vollstreckung, wenn Schulden bei Behörden bestehen (z.B. Finanzamt, Gerichtskasse). Grund: Die Beamten können sich selbst sofort vollstreckbare Titel ausstellen, müssen nicht erst vor Gericht ziehen. In der Privatwirtschaft laufen oft erst mehrere Rechnungen auf, aber auch dort sind Pfändungen über 20, 30 Euro keine Seltenheit.
Wann sind Rechnungen zu zahlen, damit keine Pfändung droht? Es gilt die gesetzliche Frist von 30 Tagen. Danach gerät der Schuldner automatisch in Verzug – auch ohne Mahnung. Dann droht zumindest der Mahnbescheid oder die Klage. Hinzu kommen ab diesem Zeitpunkt hohe Verzugszinsen, derzeit über 6 Prozent. Private Unternehmen schicken jedoch meist zwei, drei Mahnungen. Aus heiterem Himmel kommt ein Verfahren also nicht.
Muss der Gerichtsvollzieher reingelassen werden?
Nein, der Schutz der Wohnung durch das Grundgesetz gilt auch für Schuldner. Nur: Kriegt der Gerichtsvollzieher eine Abfuhr, besorgt er sich beim Gericht einen Durchsuchungsbeschluss. Die zusätzlichen Kosten gehen zu Lasten des Schuldners. Mit dem Beschluss kann sich der Gerichtsvollzieher notfalls mit Gewalt Zutritt verschaffen; die Kosten fürs Türöffnen – mitunter mehrere hundert Euro – kommen hinzu. Vorstrecken muss das alles der Gläubiger, beim Schuldner bleibt es letztlich hängen.
Wie teuer wird denn der Gerichtsvollzieher mindestens?
Geht es um kleine Beträge, können die Vollstreckungskosten das mehrfache der ursprünglichen Schuld ausmachen. Zunächst ist der gegnerische Anwalt zu zahlen. Wie viel das ist, hängt vom Streitwert ab, also dem geschuldeten Geld. Der Gerichtsvollzieher wiederum berechnet für praktisch jeden Handschlag eine festgelegte Gebühr: für die Zustellung, für die eigentliche Pfändung, für die Versteigerung.
Ein Beispiel: Bei einer nicht bezahlten 30-Euro-Rechnung können rund 100 Euro Vollstreckungskosten entstehen. Kann der Schuldner noch schnell zur Bank gehen, wenn der Gerichtsvollzieher bereits in der Wohnung steht? Jeder Gerichtsvollzieher dürfte das begrüßen. Denn in der Mehrzahl der Fälle verlaufen die Pfändungen fruchtlos. Das heißt: Beim Schuldner sind weder Bargeld noch verwertbare Sachen zu finden, der Gerichtsvollzieher zieht mit leeren Händen davon. Wer in dieser Situation zahlt, wird sicher ein freudiges Gesicht sehen. Die bis dahin entstandenen Verfahrenskosten bleiben aber bestehen.
Was darf der Gerichtsvollzieher mitnehmen, worauf darf er einen Kuckkuck kleben?
Das nicht pfändbare Vermögen hat der Gesetzgeber teilweise sehr genau im Paragraphen 811 der Zivilprozessordnung (ZPO) geregelt – die Milchkuh etwa muss der Gerichtsvollzieher unbedingt dalassen. Dasselbe gilt für Dinge des persönlichen Gebrauchs, sofern sie für eine bescheidene Lebensführung notwendig sind. Dazu gehören zum Beispiel ein Fernseher oder eine Waschmaschine. Auch wenn mancher vielleicht noch ehesten darauf verzichten könnte: Trauringe sind ebenfalls unpfändbar. Dasselbe gilt für Sachen, die für die Berufsausübung unverzichtbar sind – das kann ein Computer oder sogar ein Auto sein.
Was bedeutet “Austauschpfändung”?
Wenn Vermögen unpfändbar ist, kann es der Gläubiger zumindest gegen günstigere Gegenstände eintauschen. Angenommen, der Schuldner ist als Handelsvertreter auf sein Auto angewiesen. Der Gerichtsvollzieher muss es ihm belassen. Handelt es sich allerdings um ein schickes – und teures – Cabrio kann der Gläubiger ihm ersatzweise einen alten Kleinwagen vor die Tür stellen – der reicht schließlich für Kundenbesuche. Was passiert mit Sachen, die Freunden oder Bekannten gehören? Was sich der Wohnung befindet, gehört dem Wohnungsinhaber und kann gepfändet werden: Von dieser Vermutung darf der Gerichtsvollzieher zunächst ausgehen. Das ist ärgerlich für Leute, die dem Schuldner beispielsweise einen teuren Camcorder geliehen haben. Sie müssen mit einer so genannten Drittwiderspruchsklage versuchen, ihr Eigentum zurückzubekommen. Schnelles Eingreifen ist notwendig, sonst landen die Sachen möglicherweise in der Versteigerung und die Klage kommt zu spät.
Darf der Schuldner Wertsachen verstecken, bevor der Gerichtsvollzieher kommt?
Nein, das kann als Vollstreckungsvereitelung mit bis zu zwei Jahren Haft bestraft werden (§ 288 StGB). Allerdings muss der Schuldner auch nicht aktiv die Zwangsvollstreckung fördern: Er muss also zum Beispiel den Gerichtsvollzieher nicht darauf hinweisen, dass im Keller möglicherweise ein nagelneues Rennrad steht oder ein Laptop sich gerade zur Reparatur in der Werkstatt befindet. Wann kann der Lohn gepfändet werden? Jederzeit. Doch meistens ist dem Gläubiger zunächst nicht der Arbeitgeber des Schuldners bekannt. Verläuft die Pfändung in der Wohnung fruchtlos, versuchen Gerichtsvollzieher deshalb häufig, den Arbeitgeber zu erfragen. Erfahren sie etwas, wird Name und Adresse in der Pfandlos-Bescheinigung für den Gläubiger vermerkt. Der Schuldner ist zu diesem Zeitpunkt nicht verpflichtet, Auskunft über den Arbeitgeber zu erteilen. Erst wenn die Abgabe einer Eidestattlichen Versicherung gefordert wird, müssen dazu wahrheitsgemäße Angaben gemacht werden.
Wie viel Lohn ist pfändbar?
Kennt der Gläubiger den Arbeitgeber, wird auf Antrag vom Vollstreckungsgericht ein so genannter Pfändungs- und Überweisungsbeschluss erlassen. Der Arbeitgeber muss dann an den Gläubiger überweisen, bis dessen Forderung samt Zinsen und Kosten befriedigt ist. Die Pfändungsfreigrenzen sind aber vor einigen Jahren deutlich angehoben worden. Mit Unterhaltsverpflichtungen steigt der Freibetrag. Bestimmte Lohnbestandteile wie Gefahrenzulagen oder Heirats- und Geburtsbeihilfen sind nur teilweise oder gar nicht pfändbar.
Wie lange droht einem Schuldner der Besuch vom Gerichtsvollzieher?
Ein vollstreckbarer Titel ist 30 Jahre gültig – so lange kann der Gläubiger immer wieder versuchen, zu seinem Geld zu kommen. Wer in der Zwischenzeit tatsächlich gezahlt hat, sollte sich die vollstreckbare Ausfertigung des Titels aushändigen lassen – sonst könnte der Gläubiger erneut vollstrecken lassen.
Welche Rechtsmittel hat ein Schuldner, wenn der Gerichtsvollzieher klingelt?
Am besten ist es, wenn der Schuldner frühzeitig aktiv wird. Schon wenn er in Verzug gerät, sollte er mit dem Gläubiger ein Arrangement suchen, etwa Ratenzahlung vereinbaren. Je mehr Zeit verstreicht, desto schlechter wird die Position des Schuldners. Eine Abtauch-Taktik verursacht nur vermeidbare Kosten.
Die Rechtmittel im Überblick
Der Widerspruch (§ 694 Zivilprozessordnung, ZPO)
Damit kann sich der Schuldner gegen einen Mahnbescheid wehren (Frist: zwei Wochen). Wichtig bei diesem Furcht einflößenden Schreiben: Das Gericht hat nicht geprüft, ob der Anspruch zu Recht besteht. Wer den Anspruch bestreitet, muss Widerspruch einlegen.
Der Einspruch (§ 338 ZPO)
Bleibt ein Mahnbescheid unwidersprochen, ergeht auf Antrag des Gläubigers ein Vollstreckungsbescheid. Gegen diesen Bescheid (entspricht einem Versäumnisurteil bei Gericht), ist der Einspruch möglich (Frist: ebenfalls zwei Wochen). Der Einspruch stoppt nicht sofort die Vollziehung, der Gläubiger muss aber weitere Gerichtskosten einzahlen.
Antrag auf Vollstreckungsschutz (§ 765a ZPO): Wenn Vollstreckungsmaßnahmen eine besondere, sittenwidrige Härte bedeuten, kann das Vollstreckungsgericht sie verbieten. Praktische Bedeutung bekommt dieses Rechtsmittel vor allem bei Zwangsräumungen von Wohnungen.
Die Erinnerung (§ 766 ZPO)
Damit wehrt sich der Schuldner gegen die Art und Weise der Zwangsvollstreckung. Dieses Rechtsmittel ist angebracht, wenn der Gerichtsvollzieher beispielsweise eine unangemessene Pfändung vornimmt, etwa für eine 100-Euro-Forderung eine antike Kommode versteigern will. Auch Falschberechnungen, etwa von Zinsen, lassen sich mit der Erinnerung angreifen.
Der Antrag auf Vollstreckungsschutz (§ 813a ZPO)
Damit kann der Schulder nach einer Pfändung erreichen, dass die Versteigerung aufgeschoben wird. Er muss aber dafür aber eine glaubhafte Ratenzahlung anbieten. Der “Aufschub der Verwertung” endet, wenn der Schuldner ganz oder teilweise mit der Ratenzahlung bummelt.
Die Vollstreckungsgegenklage (§ 767 ZPO)
Der Schuldner kann damit die Vollstreckung stoppen, wenn nachträglich die Rechtmäßigkeit entfallen ist. Typischer Ausgangslage für diese Klage ist eine Vollstreckung, obwohl die Schuld längst beglichen wurde. Das kann durchaus vorkommen, wenn der Schuldner sich nicht die vollstreckbare Ausfertigung des Titels hat aushändigen lassen.
Antrag auf Wiedereinsetzung in vorherigen Stand (§ 233 ZPO)
Das kommt für jene Schuldner in Betracht, die unverschuldet Rechtsmittel verpasst haben. Beispiel: Der Mahnbescheid landete in Briefkasten, als der Adressat mit einer schweren Erkrankung in der Klinik lag und nicht reagieren konnte. Auch bei Zustellung des Vollstreckungsbescheides konnte sich der Adressat nicht wehren. Entspricht das Gericht dem Antrag, wird das Verfahren neu aufgerollt.
Drittwiderspruchsklage (§ 771 ZPO)
Was sich der Wohnung befindet, gehört dem Wohnungsinhaber und kann gepfändet werden: Von dieser Vermutung darf der Gerichtsvollzieher ausgehen. Das ist ärgerlich für Leute, die dem Schuldner beispielsweise einen teuren Camcorder geliehen haben. Dann hilft die Drittwiderspruchsklage. Schnelles Handeln ist notwendig, sonst landen die Sachen möglicherweise in der Versteigerung und die Klage kommt zu spät.
Hallo.. Ich hatte meine Sachen bei einem Freund im Keller Untergestell, nun hätte der eine Zwangsvollstreckung.. Da kam der Gerichtsvollzieher und hat meine sachen verschrotten lassen, obwohl er drauf hingewiesen wurde das diese Sachen nicht zum Haushalt gehören, sondern einer fremden Person gehören.. Darf der Gerichtsvollzieher die verschrotten lassen?